Mittwoch, 7. Oktober 2015

Konflikt – Kultur – Konfliktkultur!

Über Konfliktkultur haben wir letzten Freitag, dem 2. Oktober 2015 beim Frühstück im kompetenzkreis-Salon mit Gästen aus Wirtschaft, Politik und Bildung und Sozialbereich diskutiert. Zu einem Wiener Frühstück in Ottakring gehören neben Kaffee, Schinken und Käse natürlich Simit (türkische Sesamringe), Pastirma (Rinderschinken), Schafkäse und Croissants dazu. Nachdem sich die Gäste in gemütlichen Rahmen gestärkt hatten, startete die Diskussion. Zunächst wurde  geklärt, was jeder einzelne Gast mit den Begriffen „Konflikt“, „Kultur“ bzw. „Konfliktkultur“ assoziiert. Nach einem Impuls-Input von Rotija Dumpelnik, Geschäftsführerin von kompetenzkreis ergab sich bald ein reger Austausch zu folgenden Themen:

Die Kosten schlechter Konfliktlösung

Nicht bearbeitete Konflikte verursachen hohe Kosten. Eine im Jahr 2009 von KPMG erstellte Studie mit Befragungen in 4000 Industrieunternehmen in Deutschland zeigt, dass schon bei kleineren Konflikten Kosten von 50.000,- Euro entstehen können. Größere Konflikte, die ganze Abteilungen betreffen, verursachen sogar Folgekosten von 500.000,- und mehr Euro (Quelle: Konfliktstudie – Die Kosten von Reibungsverlusten in Industrieunternehmen, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, 2009).


Die Kunst der Konfliktkultur – Verantwortung der Führung

Führungskräften kommt grundsätzlich eine wichtige Funktion für die Konfliktbearbeitung zu, da sie die Unternehmenskultur prägen und als Vorbild für die MitarbeiterInnen dienen. Wenn das Commitment der Führungskraft besteht, Konflikte anzusprechen und in einem wertschätzenden Umgang miteinander zu lösen, findet sich diese Wertschätzung bei den MitarbeiterInnen und im Gesamtunternehmen wieder.

Ein Konflikt zwischen zwei MitarbeiterInnen sollte im Idealfall zunächst von den Beteiligten selbst in Angriff genommen werden. Führungskräfte sollte sich nicht „in Versuchung führen lassen“, Konflikte selbst schnell, schnell lösen zu wollen, sondern die Ressourcen für Raum, Zeit und professionelle Begleitung (Mediation) für die Bearbeitung von Konflikten zu sichern.

Ein Konflikt ist immer negativ zu betrachten?

Nicht nur der Philosoph G.W.F. Hegel meinte, dass Konflikte Motor von Entwicklung sind, auch unsere Gäste waren der Meinung, dass Konflikte Anstoß für konstruktive Veränderungen sein können, wenn sie rechtzeitig erkannt, thematisiert und bearbeitet werden. Dazu bedarf es allerdings einer Unternehmenskultur, in der Konflikte erlaubt sind und nicht totgeschwiegen werden.

Merkmale einer konstruktiven Konfliktkultur

Eine Kultur, in der Transparenz, Humor, Offenheit und Empathie herrschen und in der Lästern nicht geduldet wird, bringt die besten Vorrausetzungen für eine gute Konfliktkultur mit. Eine Klatsch-Tratsch-Kultur dagegen ist ein Hindernis.
Konflikte drehen sich häufig um kollidierende Interessen und Bedürfnisse, aber auch um unklare Kompetenzen oder Strukturen. Sie können sowohl die Beziehungs- als auch die Sachebene betreffen. Es ist daher wichtig, über das Wesen von Konflikten und ihre Dynamiken Bescheid zu wissen. Auch das Angebot zu präventiven Weiterbildungen zählt daher zur Konfliktkultur eines Betriebes. 

Die Art, wie wir kommunizieren, kann sich positiv, aber auch negativ auf die Lösung eines Konflikts und damit auf die gesamte Kultur auswirken. Anstatt z.B. eines anklagenden „Du kommst immer zu spät…“ sind sogenannte „Ich-Botschaften“ („Mir ist wichtig, dass du pünktlich kommst“) ein besserer Einstieg in ein Klärungsgespräch. Die gewaltfreie Kommunikation (nach Marshall Rosenberg) ist ebenfalls ein Zugang zur Konfliktregulierung, der einerseits vier Schritte umfasst, die einfach nachvollziehbar sind, andererseits aber bei der inneren Haltung der GesprächspartnerInnen ansetzt. Hier die 4 Schritte:

1. Beobachtung: „Du kommst heute um halbzehn.“
2. Gefühl: "Jetzt bin ich gestresst, weil wir keine Zeit mehr haben, alles vorzubereiten."
3. Bedürfnis: "Ich würde mich gerne morgen in Ruhe mit Dir zusammensetzen, um das Meeting vorzubereiten."
4. Bitte: "Bitte komm morgen schon um neun Uhr, damit wir die Unterlagen nochmals in Ruhe durchgehen können.“

Eine konstruktive Konfliktkultur braucht Zeit und Raum

Eine gute Konfliktkultur spart enorm viel Zeit und Geld, wie die eingangs erwähnte Studie belegt. Doch damit sie das leisten kann, braucht es zugleich ausreichend Zeit und Ressourcen für die Klärung von Spannungen und Differenzen und für die präventive Reflexion auf der Metaebene. 

„Wenn rechtzeitig Zeit für die Klärung der Zusammenarbeit investiert wird, dann können spätere Konflikte vermieden oder viel leichter gelöst werden“, so Andrea Udl, Theaterregisseurin, Trainerin und Expertin im kompetenzkreis-Netzwerk. Präventive Reflexion umfasst beispielsweise folgende Instrumente der Personal- und Organisationsentwicklung: Supervision, Intervision, Coaching, Teambuilding oder Klausur. 

Auch Weiterbildung zu Konflikt und Kommunikation sind ein wichtiger Beitrag zum Aufbau von Konfliktkultur. Wenn ein Konflikt jedoch ausgebrochen ist und droht zu eskalieren oder zu stagnieren, braucht es gelegentlich auch ein moderiertes Gespräch mit einem oder einer erfahrenen MediatorIn. Was Mediation in Unternehmen leisten kann, wurde 2012 von der Unternehmerschaft Düsseldorf e.V. in der Publikation „Best Practice Konflikt(kosten)-Management 2012, Der Wahre Wert der Mediation“ anschaulich anhand von Praxisbeispielen und Berechnungen dargestellt. Auch in bereits länger andauernden oder hocheskalierten Konflikten lohnt es sich, die beteiligten Konfliktparteien an einen Tisch zu holen und wieder ins Gespräch zu bringen. Im Grunde geht es dabei immer um den Aufbau eines wertschätzenden und vertrauensvollen Miteinanders. Das geht auch oft schon als Prävention ganz informell, z.B. gelegentlich die Mittagspause – oder auch ein Frühstück – teilen, das fördert das Miteinander und macht Spaß. Vielleicht also bis bald wieder zum Frühstück im kompetenzkreis-Salon.


Quellen:
Konfliktkostenstudie – Die Kosten von Reibungsverlusten in Industrieunternehmen, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, 2009
http://seventools.at/wp-content/uploads/2014/12/KPMG_Konfliktkostenstudie.pdf

Best Practice Konflikt(kosten)-Management 2012, Der Wahre Wert der Mediation“, http://dzkk.de/PDF/konfliktkosten-management2012.pdf